Großer Andrang: Hoher Grundwasserspiegel betrifft viele Menschen im Duisburger Süden

Irma Labadibi (Vorsitzende des SPD-Ortsvereins Sechs-Seen) begrüßte die zahlreichen Menschen, die etwas zum „Anstieg des Grundwasserspiegels“ hören - oder auch berichten - wollten. Foto: sam
Irma Labadibi (Vorsitzende des SPD-Ortsvereins Sechs-Seen) begrüßte die zahlreichen Menschen, die etwas zum „Anstieg des Grundwasserspiegels“ hören - oder auch berichten - wollten. Foto: sam
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Um ein „unschönes Thema“ ging es am Dienstagabend (3. September) in den Räumen der Kanugilde am Wolfssee: Die SPD-Ortsverbände „Sechs Seen Wedau“ und „Großenbaum/Rahm“ hatten mehrere Experten zu einer Info-Veranstaltung zum Thema „Anstieg des Grundwasserspiegels“ eingeladen. Mehr als 200 Besucherinnen und Besucher drängten in den Raum und hörten teils von draußen durch die geöffneten Fenster zu. Mit diesem Andrang hatten die Organisatoren nicht gerechnet – er zeigt, wie wichtig den Menschen im Duisburger Süden dieses Thema ist.

Die Experten sprachen offen. Oft war zu hören, dass es schnelle Lösungen nicht geben werde. Die Gäste wären gerne mehr zu Wort gekommen. Dass sie alle betroffen sind und ihre eigenen Geschichten zu diesem Thema haben, wurde immer wieder bei Zwischenrufen deutlich.

Der Raum der Kanugilde am Wolfssee reichte nicht aus, um allen interessierten Bürgerinnen und Bürgern einen Platz zu bieten.
Der Raum der Kanugilde am Wolfssee reichte nicht aus, um allen interessierten Bürgerinnen und Bürgern einen Platz zu bieten.

„Vor ein oder zwei Jahren hätte ich es nicht für möglich gehalten, dass wir uns über dieses Thema unterhalten“, betonte Sebastian Beck, Geschäftsbereichsleiter Stadtentwässerung bei den Wirtschaftsbetrieben Duisburg (WBD), zu Beginn. Der Anstieg des Grundwasserspiegels sei NRW-weit sowie beispielsweise in Bayern oder der Lausitz zu verzeichnen: „Wir haben einfach zu viel Wasser – und das großflächig!“ Normalerweise würden die Pegel schnell wieder sinken. Aber da der Regen lange anhalte, sei dies derzeit nicht möglich, die Böden seien gesättigt. „Das ist eine extreme Situation.“ Ähnlich große Wassermengen wie in diesem Jahr habe es in Rahm beispielsweise auch in den 90er Jahren gegeben. Der Unterschied: Jetzt sei das Niveau konstant hoch, ein schneller Abfluss unmöglich. Nach jeder Meldung an die WBD werde überprüft, ob es ein Problem mit der Abwasseranlage gebe, „dieses konnten wir stets ausschließen“, so der Prokurist. Der Zustand der Kanalisation im Duisburger Süden entspreche dem Baujahr.

Neue Seen sind im Duisburger Süden entstanden, wie hier am Postenhof in Serm. Aber die Idylle trügt und kann hohen finanziellen Schaden verursachen. Foto: sam
Neue Seen sind im Duisburger Süden entstanden, wie hier am Postenhof in Serm. Aber die Idylle trügt und kann hohen finanziellen Schaden verursachen. Foto: sam

Das heftige Unwetter vom Vorabend (2. September) war natürlich allen noch gut im Gedächtnis. Im Jahresdurchschnitt würden 800 Liter Regen pro Quadratmeter fallen, an einigen Stellen seien es hier 70 Liter gewesen. „Kein Kanal der Welt ist für so etwas geschaffen“, erklärte der Fachmann. „So ein Netz kann man nicht bauen.“

Einige Baustellen stünden derzeit wegen des hohen Grundwasserpegels still, so Dr. Johannes Schmid von der Unteren Wasserbehörde. Seine Behörde erteile die Genehmigungen und Erlaubnisse. Es müsse überprüft werden, wohin man Wasser ableiten könne, ob in den nächsten Vorfluter oder über Leitungen bis zum Rhein. Kann beispielsweise der Dickelsbach weiteres Wasser aufnehmen?

Fatma Özkan, Juristin bei der Verbraucherzentrale, lobte, dass es diese Veranstaltung für die Bürger gebe. Sie stellte klar: „Der Schutz des Eigentums ist Sache der Bürger!“ In den 1980er und 1990er Jahren sei das Thema Hochwasser in den Kommunen beim Hausbau wenig berücksichtigt worden. Ihr eigenes Haus habe sie im vergangenen Jahr ohne Keller und einen halben Meter erhöht gebaut. „Das Grundhochwasser ist durch keine Versicherung geschützt. Es ist bisher kein versicherbares Gut.“ Allerdings sei man dabei, neuartige Versicherungszonen zu entwickeln. Sie wies auf die Internetseite www.klimakoffer.nrw hin: Hier finden Verbraucher Klimawerkzeuge, um ihr Haus zu schützen.

OB Sören Link (links) sowie Experten halfen, die Situation zu verstehen, und gaben Tipps (von links): Sebastian Beck, Fatma Özkan, Dr. Johannes Schmid und Dieter Düster. Rechts sieht man die Vorsitzenden der SPD-Ortsvereine Irma Labadibi (Sechs-Seen) sowie Jacqueline Dederichs und Daniel Rosenbach aus Großenbaum/Rahm. Foto: sam
OB Sören Link (links) sowie Experten halfen, die Situation zu verstehen, und gaben Tipps (von links): Sebastian Beck, Fatma Özkan, Dr. Johannes Schmid und Dieter Düster. Rechts sieht man die Vorsitzenden der SPD-Ortsvereine Irma Labadibi (Sechs-Seen) sowie Jacqueline Dederichs und Daniel Rosenbach aus Großenbaum/Rahm. Foto: sam

Oberbürgermeister Sören Link war gekommen, obwohl auch er keine Lösungen oder Greifbares präsentieren konnte. Es sei tragisch, dass durch Extremereignisse hohe finanzielle Schäden entstehen würden. Die Stadt Duisburg habe keinen Fehler gemacht. Die Folgeschäden seien durch den vielen Regen der vergangenen Wochen und Monate entstanden. Er werde sich sowohl bei der Bundes- als auch der Landesregierung dafür stark machen, dass bestimmte Voraussetzungen geändert würden, damit die Bürgerinnen und Bürger nicht mehr allein gelassen werden. Denn besonders ein zweiter Schaden könnte bei vielen Menschen finanziell zu erheblichen Problemen führen.

Das Stadtoberhaupt lobte den Ansatz von NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst, eine Art Pflichtversicherung für den Hochwasserschutz einzuführen. Dann sei es bezahlbar. So könnte das Problem ein Stück entschärft werden. Zudem müsse landesweit über Wasserrückhalteflächen nachgedacht werden. Bevor er zu einem anderen Termin musste, versprach er den Anwesenden: „Wir nehmen das Thema mit und werden auch in den nächsten Wochen und Monaten darüber sprechen. Dies wird nicht die letzte Veranstaltung dieser Art gewesen sein.“

Der Rahmer Diplom-Ingenieur und Architekt Dieter Düster betonte: „Der Klimawandel ist angekommen – das haben wir jetzt gemerkt.“ Für Neubauten sei es wichtig, ein Bodengutachten erstellen zu lassen und den HGW (Höchster Gemessener Grundwasserstand) zu erfragen, dieses sei online bei den WBD möglich. Seine Empfehlung: „Verzichten Sie auf Keller.“ Wer einen Keller haben möchte, sollte auf eine Weiße Wanne zurückgreifen. Ein Überflutungsnachweis sei erst ab einer Grundstücksfläche von mindestens 800 Quadratmetern Pflicht, aber eigentlich sollten ihn alle anfordern.

Vorhandene Kellerfenster, die über der Erdoberfläche liegen, sollten zugemauert werden. Die Be- und Entlüftung müsse dann mechanisch erfolgen. Alte Keller seien nicht so angelegt, dass sie dauerhaft drückendem Wasser standhalten könnten. Deshalb könne man hier von innen eine Weiße Wanne auf den Kellerboden einbauen. Dadurch würde sich allerdings die Deckenhöhe verringern. Alternativ könne für die Weiße Wanne auch der Kellerboden herausgenommen werden – aber das sei noch aufwendiger und teurer. Sinnvoll sei außerdem ein Pumpensumpf. Alle Abdichtarbeiten sollten von Fachfirmen ausgeführt werden.

Wer schon ein Haus hat, sollte sich mit der Broschüre „Wie schütze ich mein Haus vor Grundwasser“ vertraut machen, die der Berliner Senat herausgegeben hat: broschuere_wie-schuetze-ich-mein-haus.pdf

In der Diskussion am Ende der zweistündigen Veranstaltung, die für viele viel zu kurz ausfiel, tauchten zahlreiche Fragen und Sorgen auf. Wo kann das Wasser hin, wenn große Flächen im Zuge des Neubaugebiets „Sechs Seen Wedau“ versiegelt würden? Warum veröffentlicht die Stadt Duisburg ihre Daten nicht beim Wasserinformationssystem ELWAS? Könnten Baugesellschaften auch nach Jahren noch in die Pflicht genommen werden, wie etwa bei vielen Häusern „Am Wassergraben“ in Großenbaum?

Zusammenfassend unterstrich Dr. Schmid, dass man eigentlich für zwei extreme Situationen planen müsse: Wie kann man in einer trockenen Zeit Wasser speichern, und wie kann man in einer Zeit mit viel Regen für einen schnellen Abfluss sorgen?

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Eine Antwort

  1. Ein ganz hervorragender Artikel zu einer Veranstaltung, die über Gefahrenpotential aufklärte, das
    erkannt, aber zu dessen Abwehr noch Mittel gesucht werden! Begeben wir uns alle auf die Suche!

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