Wie Bärbel Bas ihre Aufgaben als Bundestagspräsidentin und Duisburger Abgeordnete vereint

Bundestagspräsidentin Bärbel Bas in ihrem Wahlkreisbüro in Duisburg – auch hier ist Berlin spürbar. Foto: sam
Bundestagspräsidentin Bärbel Bas in ihrem Wahlkreisbüro in Duisburg – auch hier ist Berlin spürbar. Foto: sam

Drei Jahre ist es jetzt her, dass sich das Leben von Bärbel Bas von einem Tag auf den anderen vollkommen geändert hat. Die SPD-Bundestagsabgeordnete für den Duisburger Süden, die Stadtmitte und Rheinhausen übernahm – auch für sie überraschend – das Amt der Bundestagspräsidentin, mit allen Rechten und Pflichten. Wie die Duisburgerin das zweithöchste Amt in Deutschland mit ihren Aufgaben als Abgeordnete in ihrer Heimatstadt verbindet, erzählte sie in einem Gespräch mit NORDBOTE.de.

„Das Amt ist eine große Ehre und ich führe es mit Demut und ordentlich Respekt aus“, schildert die 56-Jährige, die seit 2009 im Bundestag sitzt. „Ich hatte kaum Zeit, mich einzuarbeiten.“ Am 26. Oktober 2021 wurde Bärbel Bas zur Bundestagspräsidentin gewählt. „Nach der Wahl ist mein Telefon regelrecht explodiert, weil ich so viele Glückwünsche bekommen habe“, blickt sie lachend zurück.
Anders als die Regierungschefs im Bund und in den Ländern habe sie allerdings keine 100 Tage Zeit gehabt, um sich einzuarbeiten: „Es ging sofort los. Ich musste direkt die Sitzung im Parlament leiten, hatte keine Schonfrist.“ Nun, da sie den Staat repräsentiere, müsse sie auf jedes Wort genau achten.

Durchschnittlich gibt es in Berlin 21 Sitzungswochen im Jahr. Als Bundestagspräsidentin ist sie aber weit öfter unterwegs: beispielsweise, um in der Bundeshauptstadt Staatsgäste aus anderen Ländern zu empfangen oder um selbst Termine im Ausland wahrzunehmen. „Die Besuche erfolgen auf Einladung, um den Austausch zu pflegen“, erklärt Bärbel Bas. Alle Formate, in denen sich die Regierungschefs treffen (zum Beispiel der G7-Gipfel), gebe es kurze Zeit später auch für die Parlamentspräsidenten, „denn wir kontrollieren die Regierungen“, führt sie aus. Im Gegensatz zum Kanzler habe sie allerdings die Neutralitätspflicht zu wahren. Darauf achte sie sehr, denn die Öffentlichkeit könne nur schwer zwischen ihrem Handeln als Bundestagspräsidentin und dem als Bundestagsabgeordnete für Duisburg unterscheiden.

So oft es ihr Terminkalender zulässt, nimmt Bärbel Bas an Veranstaltungen in ihrem Wahlkreis teil – wie hier beim Schützenfest in Rahm, mit Brudermeister Tim Sittinger (links) und Kassierer Andreas Koch. Foto: sam
So oft es ihr Terminkalender zulässt, nimmt Bärbel Bas an Veranstaltungen in ihrem Wahlkreis teil – wie hier beim Schützenfest in Rahm, mit Brudermeister Tim Sittinger (links) und Kassierer Andreas Koch. Foto: sam

16 bis 17 Stunden kann ein Arbeitstag schon mal dauern. „Aber mir macht die Aufgabe wahnsinnig viel Spaß!“ Die Leitung der Plenarsitzungen – oder auch die Sitzungen mit ihren Stellvertreterinnen und ihrem Stellvertreter – sowie repräsentative Aufgaben sorgten für viel Abwechslung. 3.000 Verwaltungsmitarbeitende sind ihr direkt unterstellt.

Bei der Übergabe des Heimatpreises der Stadt gratulierte Bundestagspräsidentin Bärbel Bas unter anderem den Kiebitz-Geschäftsführerinnen, Müjgan Bayur (rechts) und deren Stellvertreterin Susanne Budde. Foto: sam
Bei der Übergabe des Heimatpreises der Stadt gratulierte Bundestagspräsidentin Bärbel Bas unter anderem den Kiebitz-Geschäftsführerinnen, Müjgan Bayur (rechts) und deren Stellvertreterin Susanne Budde. Foto: sam

Mit zwei neuen Formaten möchte das Bundestagspräsidium mehr mit den Menschen vor Ort in Kontakt kommen: Mit „Präsidium vor Ort“ stellt sich das überparteiliche Bundestagspräsidium vor, besucht abwechselnd die Regionen seiner Mitglieder und führt Gespräche in Schulen, Unternehmen und mit der Zivilgesellschaft. Im „Bürgerrat“ geben Bürgerinnen und Bürger Empfehlungen zu einem Thema, über das dann anschließend in den Ausschüssen diskutiert wird. „Diese Formate kommen bei den Bürgerinnen und Bürgern gut an.“ Öffentliche Medien würden gerade seitens der Bundestagsverwaltung aktualisiert, um die Arbeitsweise der Abgeordneten in Berlin vor allem auch jungen Leuten zu vermitteln.

Bärbel Bas ist seit 1949 nach Annemarie Renger und Rita Süßmuth die dritte Frau, die dem Deutschen Bundestag vorsteht. Bärbel Bas, die über den zweiten Bildungsweg Personalmanagement studierte, ist es ein großes Anliegen, zu wissen, was die Bürgerinnen und Bürger vor Ort bewegt. Deshalb nimmt sie zahlreiche Termine in ihrem Wahlkreis (Süd, Rheinhausen und ein Teil von Mitte) sowie in der Stadt Duisburg insgesamt wahr. Sei es beispielsweise die Ehrung langjähriger Mitglieder in den Ortsvereinen, Brauchtumsfeste in den Stadtteilen oder die Verleihung des Heimatpreises der Stadt Duisburg: Wenn es ihr Terminkalender zulässt, nimmt sie sich Zeit, mit den Anwesenden vor Ort zu sprechen. Kurzfristig kann es aber immer Änderungen im Terminkalender geben, denn dieser wird natürlich auch vom aktuellen Geschehen auf nationaler und internationaler Ebene geprägt.
Zu den schönsten Erlebnissen habe bislang der Besuch von König Charles gezählt: „Das war für das ganze Haus sehr aufregend, selbst für die Mitarbeitenden an der Pforte. Alle liefen mit dem Handy herum, um Fotos zu machen“, schmunzelt die Duisburgerin. „Ich mag es, wenn das Haus aus der Routine ist und das Gefühl vermittelt: Heute ist etwas Besonderes. Das sind schöne Begegnungen und bleibende Erinnerungen.“

Schwierige und emotionale Besuche im Ausland

Zu den schwersten Erlebnissen ihrer bisherigen Amtszeit zählt ihr Besuch in der Ukraine am 8. Mai 2022, eigentlich, um den Opfern des Zweiten Weltkrieges zu gedenken. „Ich war als erstes Staatsoberhaupt aus Deutschland nach Ausbruch des Krieges dort. Die Lage war sehr angespannt, weil Deutschland noch keine konkreten Hilfe-Zusagen gemacht hatte.“ Mit mulmigem Gefühl habe sie die Zugfahrt dorthin verbracht, denn sie wusste nicht, wie man sie dort empfangen würde. Aber die Angst wurde ihr schnell genommen: „Darf ich Sie umarmen?“, habe der ukrainische Parlamentspräsident Ruslan Stefantschuk sie gleich bei der Begrüßung gefragt – „und damit war das Eis gebrochen und der diplomatische Weg bereitet.“ Bärbel Bas reiste zum ersten Mal durch ein Kriegsgebiet, erlebte sehr emotionale Momente, als sie die zerschossenen Häuser sah.
Ähnliches erlebt die Bundestagspräsidentin, als sie nach dem 7. Oktober 2023 in Israel war, dort, wo junge Menschen fröhlich gefeiert hatten, als sie brutal von Hamas-Terroristen überfallen und getötet worden waren. „Dieser Besuch war für mich sehr schwierig und emotional!“ Damit die Duisburgerin ihr hohes Amt gut ausfüllen kann, helfen ihr in ihrem engsten Team fünf bis sechs Mitarbeitende. Diese kümmern sich um das Protokoll, bereiten Termine vor und beraten sie.

Die Sozialdemokratin nutzt zahlreiche Möglichkeiten im In- und Ausland, um Duisburg in ein gutes Licht zu stellen: „Ich sage, wo ich herkomme und möchte durch mein Auftreten und meine Person Vorurteile abbauen.“ So hat sie die deutschsprachigen Parlamentspräsidentinnen und -präsidenten zu einem Treffen nach Duisburg eingeladen. Gemeinsam schauten sie sich HKM, Hafen und die Küppersmühle an – „viele haben dadurch einen ganz anderen Eindruck von unserer Stadt bekommen und waren positiv überrascht.“

Die Stärke Duisburgs sei, immer wieder Lösungen für auftretende Probleme zu finden. Mit dieser Kraft könne der immerwährende Strukturwandel gemeistert werden. Dazu gehörten auch engagierte Vereine und Verbände, die sich gegenseitig unterstützen und sich nicht unterkriegen lassen. „Als Bundestagsabgeordnete helfe und unterstütze ich, wo es geht.“ Als Abgeordnete versucht sie, bestimmte Bundeszuschüsse für Duisburg an Land zu ziehen, wie beispielsweise die Wasserstoffförderung in Höhe von knapp zwei Milliarden Euro für Thyssen oder den Kunstrasenplatz bei der GSG in Großenbaum.

Dass Europa nach rechts rückt, wie auch die Wahl in Österreich jüngst gezeigt hat, bedrückt Bärbel Bas: „Ich mache mir große Sorgen um die Demokratie! Es gibt leider Menschen, die die Demokratie gezielt bekämpfen wollen.“ Sie sei sehr stolz, dass sich in ihrer Heimatstadt Anfang März viele Menschen an einer großen Demonstration für Demokratie beteiligt hätten, auch viele Verbände und Institutionen: „Das Demokratiefördergesetz ist wichtig. Hoffentlich können wir es noch verabschieden.“ Sie führt weiter aus: „Wir müssen wachsam sein und unsere Haltung schon im Kleinen laut sagen.“ Eine Situation wie im Thüringer Landtag, als der Alterspräsident nicht über einen Antrag zur Geschäftsordnung abstimmen ließ und die Sitzung abgebrochen werden musste – könne es im Bundestag nicht geben: Unter ihrem Vorgänger Wolfgang Schäuble sei geregelt worden, dass der dienstälteste Abgeordnete die erste Sitzung eröffne, nicht der älteste.

Sehr sorgfältig geprüft werden müsse, ob die Beweise für einen Antrag, die AfD zu verbieten, sicher seien. „Für ein Parteiverbot brauchen wir eine klare Beweislage dafür, dass eine Partei darauf hinarbeitet, unsere Demokratie zu stürzen. Dann sollten Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat handeln.“

Seit Juni weiß Bärbel Bas, dass sie im nächsten Jahr wieder für den Bundestag kandidieren wird. Die Sozialdemokraten haben sie erneut für den Wahlkreis Duisburg I nominiert. Das Vorschlagsrecht für die Bundestagspräsidentin oder den Bundestagspräsidenten liege nach der Bundestagswahl am 28. September 2025 bei der stärksten Fraktion. „Es wäre schön, wenn ich das Amt noch weiter ausüben dürfte.“

Oft wird Bärbel Bas um ein gemeinsames Foto mit ihr gebeten. Foto: sam
Oft wird Bärbel Bas um ein gemeinsames Foto mit ihr gebeten. Foto: sam

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