Siegfried Hoymann (Jahrgang 1940) war Anfang der 1970er-Jahre als Ressortleiter im Amt Angerland für die kommunale Neugliederung zuständig. Der spätere Bezirksbürgermeister im Düsseldorfer Norden (BV 5) und Düsseldorfer Ratsherr, der dem Ausschuss für Planung und Stadtentwicklung angehörte, erinnert sich im Gespräch mit Christian F. Seidler:
Frage: Wie verlief damals die regionale Neugliederung?
Siegfried Hoymann: Etwa 1969 wurde im Zuge der Gebietsreform in Nordrhein-Westfalen die Auflösung des Amtes Angerland geplant. Bald darauf gab es aus den Gemeinden Bemühungen, die Gemeinden des Amtes in einer neuen Großgemeinde Angerland vereint zu lassen. Dieser von einer großen Mehrheit der betroffenen Bevölkerung getragene Vorschlag erlangte in der zweiten Lesung bei der Landtagsabstimmung am 11. Juni 1974 noch eine relative Mehrheit von 95 zu 86 Stimmen bei 10 Enthaltungen. Bei der dritten Lesung am 10. Juli 1974 schlug der zuständige Landtagsausschuss jedoch erneut die Aufteilung vor. Angermund sollte nach Duisburg, Breitscheid nach Mülheim/Ruhr, Wittlaer nach Düsseldorf und die übrigen Gemeinden nach Ratingen eingemeindet werden. Bei einer vorangegangenen Befragung im Vorfeld hatten lediglich zwei Angermunder bei der Frage „Wohin möchten Sie eingemeindet werden – nach Düsseldorf oder nach Duisburg?“ für Duisburg gestimmt. Wohl auch deshalb erhielt der Antrag, Breitscheid nach Ratingen und Angermund nach Düsseldorf einzugliedern, in der Landtagssitzung eine Mehrheit von 101 gegen 87 Stimmen bei 6 Enthaltungen. Der Plan einer Großgemeinde Angerland war damit endgültig gescheitert. Das Amt Angerland wurde durch das beschlossene Düsseldorf-Gesetz am 31. Dezember 1974 aufgelöst. Seit dem 1. Januar 1975 gehören Angermund und Wittlaer mit Kalkum und Bockum zu Düsseldorf, die Gemeinden Breitscheid, Eggerscheidt, Hösel und Lintorf zu Ratingen.
Frage: Damals und heute – was bedeutet die Eingemeindung für Angermund konkret?
Siegfried Hoymann: Es ist gewiss bekannt, dass die Stadt Düsseldorf die Beibehaltung der geschnitzten Angermunder Straßenschilder für alle Zeiten garantieren musste.
Das ehemalige Angermunder Rathaus auf der Graf-Engelbert-Straße wurde dem Angermunder Kulturkreis noch vor der Eingemeindung am 22.12.1974 als Bürgerhaus übergeben.
Im Vertrag mit der Landeshauptstadt ist auch festgehalten, dass die Stadt Düsseldorf das Gebiet der ehemaligen Gemeinde Angermund in Anlehnung an die vorhandene Bebauung und Bauweise weiterentwickeln wird. Wir sind mit Düsseldorf in sehr vielen Punkten gut gefahren, aber eben nicht in allen.
Das in den späten 1970er-Jahren entstandene Neubaugebiet im sogenannten Prozessionsfeld an der Kalkstraße oder die nicht entschiedenen Überlegungen zur Bebauung der Straße Auf der Krone sind Beispiele der städtischen Bauplanung, die in Angermund nicht nur Zustimmung fanden bzw. finden.
Die B8n sollte ursprünglich am Heiligenhäuschen auf dem Gerichtsschreiberweg enden. Die seit den 1960er-Jahren geplante Straße wurde ab 1988 in mehreren Abschnitten gebaut. Dem großen Engagement von Joachim Erwin (Düsseldorfer Oberbürgermeister) und Heinz Hardt (Landtagsabgeordneter für den Wahlkreis Düsseldorf I) ist es zu verdanken, dass sich das Bundesverkehrsministerium, das Land NRW, Düsseldorf und Duisburg schließlich auf die Verlängerung der B8n bis zum Autobahnkreuz Duisburg-Süd verständigten. Seit 2012 hat Angermund eine kreuzungsfreie Straßenanbindung an beide Städte.
Angermund profitiert seit nunmehr 50 Jahren von der Zugehörigkeit zu Düsseldorf.
Frage: Ging bei der damaligen kommunalen Neugliederung mit dem Verlust der Eigenständigkeit der angerländischen Gemeinden auch ein Demokratieverlust einher?
Siegfried Hoymann: Auf den ersten Blick könnte man diesen Eindruck gewinnen. In der Realität würde ich jedoch sagen: nein. Zum einen, weil die Gemeindeordnung von 1975 in NRW für Großstädte und kreisfreie Städte die Einrichtung von Bezirksvertretungen vorsieht, die die ersten politischen Ansprechpartner der Bürger sind. Im Düsseldorfer Norden ist das die BV 5 für die Ortsteile Wittlaer, Kalkum, Angermund, Stockum, Lohausen und Kaiserswerth. Zum anderen schalten sich Bürgervereine (z. B. auch der 1972 gegründete Angermunder Kulturkreis e. V.) intensiv in den politischen Diskurs ein.
Frage: Wird eigentlich die 50. Wiederkehr der kommunalen Neugliederung gefeiert?
Siegfried Hoymann: Die Heimatvereine der Gemeinden des ehemaligen Amtes Angerland bereiten aus diesem Anlass eine Wanderschau vor, in der die Gebietsreform in Bild und Text dargestellt wird. Zur Eröffnung der Ausstellung im Rahmen einer Feierstunde am 18. Mai 2025 auf Schloss Linnep wird es ein attraktives Programm geben. Mehr möchte ich aber noch nicht verraten.
Herr Hoymann, besten Dank für Ihre Antworten und viel Erfolg für die Jubiläumsschau zur kommunalen Neugliederung im Düsseldorfer Norden.
Fotos des Bürgerhauses: Sammlung C. F. Seidler
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Eine Antwort
Danke lieber Siegfried für diese, Deine Fleißarbeit zur Historie.
Was mir aber unbedingt fehlt > der Herr Angermund, unser aller Willy, Willy Klapdor, der Angermunder Bürgermeister, der für sehr Viel gekämpft und anschließend durchgesetzt hat. An der Anger und im Düsseldorfer Norden.
Eigentlich müsste längst eine Straße seinen Namen tragen. Dafür
kannst Du bitte kämpfen.
Freu mich, wenn wir uns mal wiedersehen …