Rund 300 Besucherinnen und Besucher, so die Angabe der Bürgerinitiative (BI) „Grüner Norden Düsseldorf“, kamen am Montagabend in die Aula des Theodor-Fliedner-Gymnasiums. Trotz hochsommerlicher Temperaturen war der Saal voll besetzt, um die Podiumsdiskussion über die geplante Bebauung nördlich der Kalkumer Schlossallee zu verfolgen. Dass der Beamer bereits vor Beginn streikte, tat dem großen Interesse keinen Abbruch.
Die Veranstaltung, organisiert von Mitgliedern der BI, brachte die vier Kandidaten für das Oberbürgermeisteramt zusammen und legte die grundlegend verschiedenen Sichtweisen auf das Projekt offen. Die Debatte verdeutlichte das Spannungsfeld zwischen der Schaffung von Wohnraum, dem Umweltschutz und der Belastung der lokalen Infrastruktur.
Die Stadtverwaltung plant auf einer etwa 34,5 Hektar großen, derzeit überwiegend landwirtschaftlich genutzten Fläche die Entwicklung eines neuen Stadtquartiers. Laut den offiziellen Projektunterlagen sollen dort rund 550 Wohneinheiten entstehen, von denen die Hälfte als sozial geförderter Wohnraum vorgesehen ist. Herzstück des Vorhabens ist neben dem Wohnungsbau die Errichtung einer neuen Gesamtschule samt einer umfassenden „Sportlandschaft“ mit mehreren Spielfeldern und einer Dreifachsporthalle. Ergänzt wird die Planung durch eine Pflegeeinrichtung, eine Kindertagesstätte und kleinere Versorgungseinrichtungen. Das städtebauliche Konzept, das auf einem Architekturwettbewerb basiert, sieht eine Bebauung in aufgelockerten „Inseln“ vor.
Während der Diskussion im Theodor-Fliedner-Gymnasium wurden die unterschiedlichen politischen Haltungen der vier Kandidaten deutlich. Der amtierende Oberbürgermeister Dr. Stephan Keller (CDU) sprach sich für die Umsetzung der Pläne aus. Er bezeichnete das Vorhaben als eine „maßvolle Bebauung“ und betonte, dass es einen notwendigen Beitrag zur gesamtstädtischen Aufgabe der Wohnraumschaffung darstelle.
Eine vom Koalitionspartner im Rat abweichende Position vertrat hingegen Bürgermeisterin Clara Gerlach (Bündnis 90/Die Grünen). Sie plädierte dafür, den Fokus zunächst auf die Bebauung bereits versiegelter Flächen zu legen. Sollte das Projekt an der Kalkumer Schlossallee dennoch realisiert werden, forderte sie, dass dort zu 100 Prozent bezahlbarer Wohnraum entstehen müsse.
Auch Fabian Zachel (SPD) knüpfte eine mögliche Zustimmung an Bedingungen. Er nannte die Erstellung eines tragfähigen Verkehrskonzepts als zwingende Voraussetzung für eine Weiterentwicklung des Projekts. Zudem müsse die Stadt zuerst ihre eigenen Flächenpotenziale für den Wohnungsbau ausschöpfen.
Die klarste Absage an das Vorhaben kam von Ulf Montanus (FDP). „Ich bin grundsätzlich dagegen, dass wir auf der grünen Wiese bauen“, erklärte er und sprach sich für Alternativen wie die Aufstockung bestehender Gebäude aus.
Die Gegenargumente wurden durch einen fachlichen Beitrag untermauert. Dirk Jansen, Geschäftsleiter des BUND NRW, erläuterte in einem sachlich gehaltenen Vortrag die klimatische, hydrologische und rechtliche Bedeutung des Areals. Er verwies auf die Auswirkungen der Versiegelung auf Kaltluftströme, Grundwasserqualität und Starkregenrisiken. Zudem machte er deutlich, dass sowohl das Klimaanpassungsgesetz NRW als auch das neue EU-Gesetz zur Wiederherstellung der Natur eine Bebauung an dieser Stelle grundsätzlich infrage stellen.
Die aus dem Publikum geäußerten Bedenken spiegelten eine tiefe Sorge um die Lebensqualität im Stadtteil wider. Im Mittelpunkt stand die bereits heute stark angespannte Verkehrslage. Anwohner beklagten den Zustand der Straßen und die mangelnde Kapazität der öffentlichen Verkehrsmittel, die durch den Zuzug von über 1.000 neuen Bürgern kollabieren würde. Eng damit verknüpft war die Kritik an der unzureichenden Infrastruktur, wie etwa dem seit Jahren fehlenden Supermarkt für die Nahversorgung. Ebenso emotional wurde der drohende Verlust des Areals als wichtiges Naherholungsgebiet thematisiert, das für Spaziergänge diene. Ein wiederkehrendes Thema war zudem das Misstrauen gegenüber politischen Zusagen, das sich aus Erfahrungen mit früheren Bauprojekten im Stadtbezirk speist.
Die Vertreter der BI riefen abschließend dazu auf, sich am laufenden Beteiligungsverfahren zu beteiligen. Wie im Laufe des Abends erwähnt wurde, ist der Masterplan für das Bauvorhaben noch bis zum 14. Juli öffentlich einsehbar. Bis zu diesem Datum können Bürgerinnen und Bürger ihre Stellungnahmen schriftlich bei der Stadt einreichen und so formal in den Planungsprozess einbringen.
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8 Antworten
Sehr geehrtes Nordbote-Team,
danke dass Sie hier berichten.
ihr Artikel über die gestrige Veranstaltung zum Thema „Bauvorhaben Nördlich Kalkumer Schloßallee“ spiegelt zusammenfassend sachlich und inhaltlich die Aussagen der Politiker und die Bedenken der interessierten Anwohner !
Eine Aussage bzgl. des sozial geförderten Wohnraums möchte ich hier jedoch gerne berichtigt wissen.
Die Frage wieviel sozial geförderter Wohnraum tatsächlich entstehen soll wurde in den 4 Veranstaltungen, bei welchen ich bisher teilnehmen konnte, nicht konkret beantwortet.
Auf Internetseiten und Veranstaltungen werden wiederholt 50-60 % genannt – wieviel Fläche entspricht hier 100 % ? – Mehrere Nachfragen zu tatsächlichen Flächengrößen wurden bisher von Politik und Verwaltung unterschiedlich aber letztlich
nicht konkret beantwortet.
Auch dies sollte doch in die bauliche und wirtschaftliche Planung eines solch umfänglichen Bauvorhabens grundsätzlich und so früh wie möglich einfließen.
Herrn Dr. Keller habe ich gestern Abend wie folgt verstanden, hier kurz von mir zusammenzufassend; der Stadt Düsseldorf steht eine Netto-Fläche von 15 Hektar zur Verfügung, auf welcher vorrangig Bebauung für die Allgemeinheit geplant ist, z.B. die Gesamtschule, Sportstätten, Seniorenwohnen… , auf der davon verbleibenden Restfläche (?) ist sozial geförderter oder preisgebundener Wohnraum geplant .
Dies würde voraussichtlich nicht der Hälfte der 550 Wohnungen entsprechen !
Somit ergibt sich ein anderes Gesamtbild des ganzen Bauvorhabens.
Hier würde mich eine Berichtigung bzw. Klarstellung sehr freuen und würde Ihren ansonsten sehr treffenden Artikel informativ nochmals untermauern !
Vorab ein herzliches Danke !
Anwohnerfamilie
Sehr geehrte Anwohnerfamilie,
vielen Dank für Ihr aufmerksames Feedback. Sie sprechen einen wichtigen Punkt an, den wir gerne anhand der offiziellen Planungsdokumente präzisieren möchten.
In der Sachdarstellung der Stadtverwaltung zum Masterplan auf Seite 4 (https://www.o-sp.de/duesseldorf/plan/uebersicht.php?L1=5&pid=84600&tid=198162) wird das Bauvorhaben konkretisiert. Dort heißt es, dass in den drei Wohninseln insgesamt rund 550 Wohneinheiten geplant sind. Weiter wird ausgeführt: „Davon sollen 50% förderungsfähig errichtet werden…“.
Diese offizielle Angabe bestätigt, dass sich die 50%-Quote auf die Gesamtzahl der geplanten Wohnungen bezieht und nicht, wie von Ihnen vermutet, nur auf eine kleine Restfläche der Stadt. Der Anteil an sozial gefördertem Wohnraum ist demnach für die Hälfte des gesamten neuen Wohnungsangebots vorgesehen.
Wir hoffen, diese Klarstellung auf Basis der offiziellen Unterlagen ist für Sie hilfreich und danken Ihnen nochmals für Ihren Beitrag zu einer genauen Berichterstattung.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Nordbote-Team
Guten Morgen alle NB-Freunde, ich persönlich bin natürlich gegen o.g. Bauvorhaben! Ich würde aus diesen 33, nochwas HA eher ein Naturschutzgebiet machen, zumal ich z B nach ca. 25 Jahren endlich mal wieder Feldlerchen gehört und gesehen habe. Gebiete in denen bedrohte Tiere leben dürfen nicht bebaut werden oder bin ich da falsch informiert. Ausserdem hat das o.g. Gebiet einen seeeeeeehr hohen Erholungswert der auch der Psyche guttut, Herr Keller wenn sie nicht wissen was Psyche ist fragen sie mich.
DIE NATUR BRAUCHT UNS NICHT!!!!! 5 sehr aussagekräftige Worte.
Freundlichst eine „Neukaiserswertherin“ die wegzieht wenn gebaut wird.
ein kleiner Nachsatz von mir: Herr Keller ist der Meinung : der Düsseldorfer Norden ziehe sich aus der Verantwortung, Zitat Ende. Was spricht gegen die Verantwortung für die Natur zu der Homo sapiens auch gehört?!
LG K.Flügemann
Sehr geehrtes Nordbote-Team,
ein großes Dankeschön für Ihre Recherche und die schnelle Antwort !
Auch danke für Ihre Quellenangaben, welche sehr informativ sind !
Es könnte 50 % von 550 Wohneinheiten bedeuten, es heißt aber nicht konkret „davon“ sondern „ ca 550 WE, 50 % gefördert gemäß Baulandmodell, unterschiedliche Wohntypologien und Wohngrößen,…“
Entscheidend ist hier das „Düsseldorfer Baulandmodell“ von Stand 2023 ( düsseldorf.de / Düsseldorfer Baulandmodell )
1.es ist eine Teilerfüllung möglich, durch Abgabe von Baugrund
2. Der öffentlich geförderte Wohnungsbau umfasst dabei auch Gruppenwohnungen für Studierende und Auszubildende, für ältere Menschen, pflegebedürftige oder behinderte Menschen mit Betreungsbedarf“…bedingt auch stationäre Pflegeeinrichtungen.
Hier passt die Erläuterung von OBM Dr.Keller, 15 Hektar abzüglich der förderfähigen Flächen für die Allgemeinheit, bleibt eine geförderte Restwohnfläche für frei zu vermietenden Wohnraum.
Und: Fördergeld des Landes NRW muss ausreichend zu Verfügung stehen.
Welche Art von Wohnflächen zu den gesamten 550 Wohneinheiten (WE) gehört und wie sich diese entsprechend aufteilt scheint demnach offen zu sein.
Unser Eindruck aus 4 besuchten Veranstaltungen, fehlende Transparenz, die lokalen Gegebenheiten werden unzureichend berücksichtigt und die argumentativen Bedenken der Anwohner werden gering geschätzt!
Politikverdrossenheit beginnt auch in der Lokalpolitik !
Danke für die freundliche Kommunikation auf dieser Plattform !
Beste Grüße
Anwohnerfamilie
Die geplante Baufläche befindet sich an einer Wettergrenze und bildet eine der letzten Frischluftschneisen der Stadt Düsseldorf von Norden aus kommend, die für das Stadtklima und auch das Wetterverhalten von enormer Bedeutung sind. Entfallen die Felder und wird der Frischluftstrom an dieser Stelle unterbrochen, hat dieses erhebliche Konsequenzen für Temperaturen, Natur und Tierwelt, sowie für den Menschen.
Wir sprechen immer von Entsiegelung der Flächen und wie wir uns ökologisch für den Klimaschutz einsetzen müssen, um eine drohende und wachsende Klimakatastrophe einzudämmen und zu verhindern.
An dieser Stelle darf nicht versiegelt und gebaut werden! Hier muss das vorhandene ökologische Gleichgewicht beschützt und gewahrt werden. Der dringend benötigte Wohnraum und die dazu gehörige Infrastruktur muß über andere Baumaßnahmen abgedeckt werden. Hier sehe ich eine immense Chance, in dem bestehender innerstädtischer, leerstehender Büro- und Fabrikraum umfunktioniert, saniert und wenn möglich aufgestockt wird. In vielen Fällen ist eine Infrastruktur bereits vorhanden. So werden auch sterbende Einkaufsstraßen und stadtteilbezogene Infrastruktur wieder belebt. Andere Länder machen es uns bereits erfolgreich vor.
Sehr geehrtes NB Team,
vielen Dank für den ausführlichen Bericht der Podiumsdiskussion vom 30.06.25, an der ich wegen der Hitze nicht teilgenommen habe.
Auch ich bin gegen die Bebauung dieses Areals, und stelle mich hinter die schon erwähnten Gründe!
Zitat aus der RP von heute 04.07.25
„Düsseldorf soll grüner werden“ mit Unterstützung von Herrn Oberbürgermeister Keller!!!
Wie wäre es mit etwas mehr Unterstützung bei der Bebauung des Glasmacherviertels!
Mit freundlichen Grüßen
Eine Anwohnerin
Nach dem Informationsabend am 30.6.2025 in der Aula des Theodor-Fliedner-Gymnasiums war ich erschüttert und fassungslos mit welcher Leichtigkeit und Bedenkenlosigkeit Politiker in der Stadt Düsseldorf ein großflächiges Bauvorhaben in Kaiserswerth vorantreiben und ohne Rücksicht auf Natur- und Agrarflächen und nachfolgende Generationen große Flächen versiegeln und unwiederbringlich zerstören wollen. Jeder Quadratmeter versiegelter Boden bedeutet: weniger Artenvielfalt, weniger Versickerungsflächen für Starkregen, weniger Kühlung in Hitzeperioden. Während andere Städte im Sinne der Klimaanpassung entsiegeln um den Naturschutz voranzutreiben und wertvolle Naturflächen schützen und damit das Leben in der Stadt auch in Zukunft überhaupt noch zu ermöglichen, will Düsseldorf das genaue Gegenteil tun. Ein gewachsener Stadtteil mit hohem Naherholungswert mit Freiflächen zur Verbesserung der Lebensqualität und Gesundheit der Bewohner und Besucher geht damit unwiederbringlich verloren. Alle Klimaforscher warnen: wir brauchen mehr Grün in den Städten, nicht weniger. Die Berücksichtigung des Bodenschutzes, die Erhaltung unzerschnittener, verkehrsarmer Freiräume und die Sicherung regionaler Grünzuge, auch aus klimatischen und lufthygienischen Gründen sowie die Sicherung siedlungsnaher Freiflächen für Erholungsnutzungen sind wesentlich für die Gesundheit und das Wohlbefinden der Menschen und den Natur-bzw. Klimaschutz. Dieses Bauvorhaben steht im krassen Widerspruch zu allem, was moderne Stadtplanung ausmacht und ignoriert alle wissenschaftlichen Erkenntnisse moderner Stadtentwicklung. Was hier in Kaiserswerth passieren soll, ist ein Rückschritt in die unsensible Betonpolitik vergangener Jahrzehnte und passt nicht in eine moderne, nachhaltige, zukunftsorientierte Stadtplanung, die die Bedrohung durch Klimarisiken erkannt hat und auf die Herausforderungen des Klimawandels und zunehmender Ressourcenknappheit z.B. mit mehr Innenentwicklung (bereits versiegelte Stadtflächen bebauen und verdichten) reagiert und so offene Flächen am Stadtrand verschont. Die wichtigen Funktionen der Frei- und Grünflächen als Lebensraum für Tiere und Pflanzen und als Erholungsraum für Menschen müssen hier stärker in den Fokus gerückt und dürfen nicht zerstört werden.