Eine humorvolle, offene wie spannende Lesung durften die Besucher der Veranstaltung des Angermunder Kulturkreises in Zusammenarbeit mit der Lesben- und Schwulen-Bibliothek erleben. Fesselnd und kurzweilig stellte Georgine Kellermann ihr Buch vor und damit auch ihr Leben.
Georgine Kellermann machte als Georg Kellermann beim WDR Karriere, war als Korrespondent in Paris und Washington und wurde schließlich Studioleiter in Bonn, Duisburg und Essen. Und sie führte beruflich über vier Jahrzehnte ein Doppelleben, denn privat lebte Georgine Kellermann schon lange als Frau. Mit 62 Jahren sollte Schluss damit sein, so zu leben, „wie es die Verpackung verlangte“. „Nur weil der liebe Gott sich vertan hat“, sagt Kellermann. Zugleich berichtet sie, dass sie Georg auch nicht verleugnen möchte. Denn als Georg hat sie ein berufliches Leben geführt, wie sie es sich gewünscht hat. Und das ist auch mit einer der Gründe, sich so lange nicht geoutet zu haben: „Ich hatte immer Angst, wenn ich werde, wer ich bin, nicht mehr machen zu können, was ich will.“ Und so war sie sich bei jedem Stationswechsel immer nur bis drei Sekunden vorher ganz sicher, endlich reinen Tisch zu machen.
Sie fuhr in Pumps mit dem Auto bis in die Tiefgarage und war im Büro dann wieder Georg. Das Coming-out plante sie erst für den Tag ihrer Pensionierung. Zu groß war die Angst, man würde sie in der Branche nicht mehr ernst nehmen. 2019, auf dem Weg in den Urlaub, hat sie von einer Minute auf die andere Schluss gemacht mit dem Versteckspiel. Sie outete sich als Frau. Als trans Frau. Seitdem kämpft sie für mehr Toleranz, Sichtbarkeit und Normalität in der Gesellschaft. Leicht ist es nicht immer gewesen – auch mit ihren Eltern nicht. Aber rückblickend betrachtet versteht sie die Handlungsweise ihrer Eltern gut, findet im Nachhinein gerade ihren Vater sogar sehr modern und offen. „Wenn Du reden willst, können wir reden“, bot ihr der Vater an, als ihre Eltern sie einmal dabei ertappten, wie sie die Kleider der Mutter trug. „Aus heutiger Sicht war das richtig viel. Und ich kann nachvollziehen, dass sie mich nicht verstanden haben. Es ist ja auch schwer, wenn weniger Aufklärung vorhanden ist. Aber das Geschlecht sitzt nun mal am Ende nicht zwischen den Beinen, sondern zwischen den Ohren.“
Und so verstrichen im Nu 90 Minuten, und der Zuhörer merkte eindeutig, dass Kellermanns Beruf für sie eine Berufung ist: der Austausch mit anderen Menschen, das Erzählen und das Fesseln mit ihrer Stimme. Ein gelungener Abend, den wohl niemand missen möchte. Und wer noch mehr aus dem Leben Georgine Kellermanns wissen möchte, kann ihr Buch lesen: „Georgine – Der lange Weg zu mir selbst: Meine Befreiung als trans Frau nach über 60 Jahren“.
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