Wie aktuell das Thema Fachkräftemangel ist, wurde jetzt bei einer Veranstaltung im evangelischen Gemeindezentrum in Ungelsheim deutlich. „Laboratorium“ hatte in Kooperation mit Saskia Schröer vom Bertolt-Brecht-Berufskolleg in Huckingen zu einer Podiumsdiskussion eingeladen. Das Thema: „Strategien und Maßnahmen gegen den Fachkräftemangel – Was Unternehmen tun können (und müssen) – Was Arbeitnehmer*innen erwarten“.
Nach der Begrüßung durch Pfarrer Rainer Kaspers führte Dieter Zisenis in das Thema ein. Die anhaltende Schwäche der deutschen Wirtschaft betreffe fast alle Bereiche. Bedingt durch zahlreiche Schließungen gebe es eine leichte Entspannung im Hotel- und Gaststättengewerbe. Die Lage für Fachpersonal insgesamt sei sehr angespannt, es fehlten 530.000 qualifizierte Arbeitnehmer. Jeder dritte Handwerksbetrieb klage über einen Engpass.
Andrea Tonscheidt unterstrich, dass die Lebensmittel-Branche eine Herausforderung sei. Ihr sei es wichtig, in Gesprächen die Berufe spannend zu machen – viele wüssten gar nicht, dass es beispielsweise an und hinter den Frischetheken in Supermärkten sehr unterschiedliche Berufe gebe, etwa den der Frischspezialisten. Es gebe gute Angebote für Quereinsteiger. Mit kleinen Bonbons, etwa Reisen zu Messen oder (von Mitarbeitenden selbst gestalteten) Firmenevents, könnte das Team motiviert werden. Das Arbeiten auf Augenhöhe sei ebenso wichtig wie die Wertschätzung. Als Arbeitgeberin müsse sie sich guten Gewissens im Spiegel betrachten können.
Karsten Beermann vom Informationszentrum für Kälte-, Klima- und Energietechnik erklärte, dass gerade in seiner Branche der Bedarf an Facharbeitern riesengroß sei. Er vermittle jedem Mitarbeiter, dass er seinen Platz im Team habe und wichtig sei. Fortbildungen seien unverzichtbar.
Dass die Konkurrenz groß sei und einige Auszubildende nach ihrer Prüfung lieber in die Wirtschaft gingen, berichtete Anthon Köther. Der Ungelsheimer führt einen Betrieb für Heizung und Sanitär. „Ich bin stolz auf meine Truppe!“ Dazu zählten auch junge Mitarbeiter, die sehr motiviert seien. Die Auszubildenden würden Projekte von A bis Z mitmachen. Er hob beispielsweise die Vier-Tage-Woche in seinem Betrieb sowie finanzielle Unterstützung beim Führerscheinerwerb hervor.
Dass ein gutes Betriebsklima mehr sei als „der gute Obstkorb“, berichtete eine Auszubildende. Sie wünschte sich, dass mehr auf den Arbeitnehmer eingegangen werde. Ein weiterer Auszubildender unterstrich, dass er durch mehrere Qualifikationen jetzt gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt habe – vorher sei er lange in einer Zeitarbeitsfirma untergekommen.
Zisenis zieht folgendes Fazit: Auch wenn einige politische Stellschrauben angesprochen wurden, zum Beispiel Bildung, Fachkräftezuwanderung oder Stärkung der dualen Berufsausbildung, hätten die Vertreterin und Vertreter der Betriebe auf das sonst oft übliche „Politiker-Bashing“ verzichtet: „Wir müssen selbst handeln und etwas für unsere Attraktivität als Arbeitgeber tun.“
Eindrücklich seien die Statements der beiden Studierenden auf dem Podium und auch mehrerer Studierender aus dem Publikum gewesen: Sie hätten sehr klar benennen können, was ihnen sowohl im Rahmen der Ausbildung als auch im Beruf wichtig sei – wertschätzender Führungsstil, selbständiges Arbeiten und Anerkennung der Kompetenzen der Beschäftigten sowie eine der Qualifizierung entsprechende, existenzsichernde Entlohnung. Im Hinblick auf die Ausbildung hätten die Studierenden betont, dass es neben einer höheren gesellschaftlichen Wertschätzung der dualen Berufsausbildung aber auch um höhere Mindeststandards bei den Ausbildungsvergütungen gehen müsse.
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